Żarki ist eine kleine Stadt in der heutigen Woiwodschaft Schlesien, Powiat Myszkowski. Mit etwa 4551 Einwohnern und einer Fläche von 25,68 km sind Żarki nichts Besonderes im Vergleich zu vielen ähnlichen Städtchen in Südpolen. Doch philatelistisch nimmt die Stadt eine außergewöhnliche Stelle.
Zum ersten mal findet Żarki Erwähnung in der Niederschrift der Kirchensteuer (Swiętopietrze) von 1325-1327. Bereits wenige Jahre später, 1370, kommt das Dorf unter die Herrschaft von Władysław Opolczyk, einer schillernden Persönlichkeit des polnischen Mittelalters. Sein Lebenslauf ist unglaublich faszinierend, eines Tages muss ich einen Artikel über ihn schreiben…
1382 folgt die Verleihung der Stadtrechte und angeblich (Belege fehlen) Bau einer Festungsanlage 1466. 1556 bekommt die Stadt das Recht, jeweils am Dienstag einen Markttag zu veranstalten sowie drei Mal im Jahr größere Märkte. 1664 zerstört eine gewaltige Feuerbrunst den großen Teil der Stadt. Wegen der Teilnahme am Novemberaufstand 1863-1864 verliert die Stadt zur Strafe ihre Stadtrechte und bekommt sie erst 1949 wieder zurück.
An sich ein mehr oder weniger gewöhnlicher Schicksal einer mittelalterlichen Stadt im häufig umkämpften Schlesien. Unsere besondere philatelistische Geschichte beginnt jedoch am 27. August 1918.
Das Ende des Ersten Weltkrieges steht unmittelbar bevor. Deutschland und Österreich-Ungarn stehen vor dem Zusammenbruch. Nichts funktioniert mehr richtig, schon gar nicht die Post.
Da kommt die Stadtverwaltung von Żarki auf die Idee, eine eigene Post zu starten. Wer der Urheber dieser Idee ist, ist bis heute unklar. Stefan Petriuk, polnischer anerkannter Kenner der postalischen Geschichte, vermutet darunter Peter Franczak.
Nahe liegende Städte wie Sosnowiec i Zawierce haben bereits eigene Post eingerichtet und Franczak, als Vorstand der lokalen Post, wollte eine ähnliche Einrichtung in Żarki schaffen, um die lokale Gemeinde zu versorgen. Möglicherweise aber kam die Idee vom Szlojme Abramsohn, lokalen Briefmarkenhändler und einem gewieften Geschäftsmann, der auch in die spätere Fälschungsgeschichte eingebunden war.
Obwohl die Urheberschaft nicht geklärt ist, steht jedoch fest, dass die Stadt am 18. September 1918 offiziell das Recht angefragt hat, Geld für postalische Leistung zu kassieren und eigene Briefmarken herzustellen. Bereits am 30. September stimmte die Militärverwaltung zu und erlaubte unter der Nummer 13.138. V. A. die Nutzung eigener Marken. Fünf davon sollten als Belegexemplare an die Verwaltung gehen.
Leider erwies sich die lokale Post als sehr kurzlebig, bereits Ende Oktober 1918 musste sie ihre Pforten wieder schließen. Nur eine einzige Markenserie kam heraus, mit dem Abbild der katholischen Kirche der Stadt.
Die Marken wurden zuerst in der österreichischen Währung Heller jeweils als 3, 5 und 12 Heller gedruckt. Begründung für die etwas ungewöhnliche Aufteilung liegt in der zu bezahlenden Dienstleistung: die 3 Heller Marke diente als Porto für Zeitschriften und Postkarten, 5 Heller für Briefe und 12 Heller für Expressbriefe. Als kurze Zeit später auch noch die umliegenden Dörfer Cholon, Niegowa und Wlodowice in den Postverband aufgenommen wurden, galt die 5 Heller Marke für Zeitschriften und Postkarten dorthin, während die 12 Heller für alles andere zu benutzen war.
Gedruckt waren die Marken auf Blättern zu je 50 Marken, jeweils fünf Reihen mit je zehn Marken.
Insgesamt gab es drei Editionen der Marken, welche sich minimal voneinander unterscheiden. Am 10. Oktober druckte man zuerst jeweils 10.000 Marken, von denen jedoch nur 5.000 in den Handel kamen. Am 18. Oktober folgt eine zweite Ausgabe zu je 20.000 Stück. Mit einem zusätzlichen roten Wertstempel werden davon bei je 5000 Stück die Werte verdoppelt: aus einer 3 Heller Marke wird 6 Heller, aus einer 5 eine 10 und aus einer 12 Heller eine 24 Heller-Marke. Weitere Edition, diesmal mit den verdoppelten Werten direkt aufgedruckt, folgt am 24. Oktober 1918 mit neuen Farben: 6h violett, 10h grün und 24h orange.
Pro Edition sind jeweils zwei verschiedene Typen bekannt, die sich in feinen Details unterscheiden.

Besondere Würze bekommen die Żarki-Marken aber durch ihre Fälschungen.
Die offizielle Post war sehr kurzlebig und bereits am 28. Oktober 1918 wieder geschlossen. Doch die philatelistische Nachfrage nach den Marken blieb weiterhin groß, so groß, dass der bereits erwähnte Abramsohn kurzerhand beschlossen hatte, eigene Marken zu drucken.
1928 stellte die Adolph Panski Druckerei in Piotrkow Trybunalski für ihn eine unbestimmte Menge an Marken her. Sie breiteten sich so schnell und stark unter den Sammlern, dass heutzutage fast alle Marken in Privatsammlungen eben diese Fälschungen sind. Laut Stefan Petriuk haben gerade mal knapp 300 Orginalmarken bis heute überlebt, der gesamte Rest sind Kopien.
Zum Glück machte sich Abramsohn die Sache recht einfach und erstellte offenbar nur ein einziges Design. Lediglich Wert und Farbe ändern sich, weshalb es völlig ausreichend ist, die Merkmale einer einzigen Marke zu kennen, um alle Fälschungen von den Originalen unterscheiden zu können:
- Orginalzähnung war immer 11 ½. Kopien haben eine andere oder gar keine Zähnung.
- Das Papier der Orginalmarken fluoreszenziert im Schwarzlicht. Das der Kopien nicht
- Die Wolken sind haben nur leichte, dünne Ränder, während die der Kopien harte, dunkle
- Die drei Personen im mittleren Bereich sind im Original gleich groß, deutlich voneinander abgetrennt und haben klar abgezeichnete Beine. Die der Kopien verschmelzen teilweise miteinander und die rechte Person erscheint kleiner.
- Die Kirche hat in der Mitte drei Reihen an Ziegelsteinen, die der Kopien nur zwei
- Der Mond in der Mitte der Kirche befindet sich etwa auf 8 Uhr, auf den Kopien eher auf 9 Uhr.
- Die Spitzen der Bäume verschwinden leicht in den Himmel, während die der Kopien klar abgegrenzt sind.
- Das Dach der Pferdekutsche hat 10 kurze, dünne Linien, während bei den Kopien 8 dicke zu sehen sind.
- Orginalstempel hatte einen Durchmesser von 36 mm, Kopien haben hingegen einen mit 34 mm. Der Abstand zwischen dem äußeren und inneren Kreis beträgt im Original 5,2 mm, bei den Kopien 4,5
Details zu den Fälschungen inclusive sehr guter Vergleichsfotos bietet englischsprachige Wikipedia.
Unklarheit herrscht bezüglich des zusätzlichen Wertstempels der zweiten Edition. Normalerweise war er stets rot. Im Fischer – Katalog wird noch zusätzlich ein violetter Stempel für 6h und 24h genannt, andere Quellen erklären jedoch alle Marken mit diesem Stempel zur Fälschungen.
Wenigstens einmal, jedenfalls laut Dr. Stanley Kronenberg, kam es zu einer besonderen Frankierung: der Postbeamte verwendete versehentlich anstelle des eigentlich vorgesehen 6h Stempel einen für 10h für eine 3h Briefmarke. Er bemerkte den Fehler und prägte noch einmal den korrekten Wert 6h, aber in Schwarz, um ihm besondere Gewichtung zu nehmen.
Angeblich existiert auch eine Variation der Marken, wo Teile des rechten Daches der Kirche fehlen.
Es ist immer wieder spannend zu sehen, welche interessanten Geschichten sich hinter den kleinen Fetzchen Papier verstecken!