Da in der Zeit des Kommunismus jede Art der Schwerindustrie einen festen Platz im öffentlichen Leben hatte, überrascht das häufige Auftreten auf Briefmarken nicht wirklich. Vor allem das Thema Schiffe wurde gern aufgegriffen, zeigten sie doch auf einer Seite die potente Industrie, auf der anderen betonten auch die vermeintliche Stärke der polnischen verarbeitenden Industrie.
Am 29. Dezember 1976 führte das polnische Kommunikationsministerium daher erneut eine Reihe von Marken ein, die als Thema Schiffe hatte. Dieses Mal aber interessanterweise in Verbindung mit den großen polnischen Häfen. Da jedoch in Wirklichkeit Polen nur wenig Häfen besaß und auch nicht allzu viele taugliche Schiffe, wurde die Ausgestaltung der Marken etwas kreativ gehandhabt.
Das Set besteht aus den folgenden Marken:

1 PLN – zeigt den Nordhafen in Gdańsk und mächtigen Tanker Zawrat mit seinen 293 Meter und 1465.680 Tonnen. Das Schiff wurde am 17. Januar (Heckteil) bzw. am 21. Februar (1975) zu Wasser gelassen und offiziell am 26. Mai in den Dienst gestellt. Das Schiff war eigentlich dafür gedacht, Öl vom Persischen Golf nach Polen zu transportieren, doch bereits ein Jahr später brach der Jom-Kippur-Krieg. Durch die Exportbeschränkungen deswegen wurde das Schiff praktisch nutzlos. Es blieb noch in der Żegluga Polska (Polnische Handelsmarine) von 1982 bis 1995, bevor es dann an eine Reederei aus Malta verliehen wurde. Von dieser ein Jahr später aufgekauft, ging das Schiff 2002 nach China, wo es anschließend verschrottet wurde. Auflage: 10.000.000. Michel: 2476, Fischer: 2328

1 PLN – wieder Hafen Gdańsk, diesmal aber der Fährterminal mit der Fähre „Gryf“. Das Schiff, einst als Finndana in Finnland unterwegs, fuhr ab 1973 unter polnischer Fahne zwischen Gdańsk und Helsinki als einziges Schiff Polens ganz in weiß gestrichen. Auflage: 10.000.000. Michel: 2475, Fischer: 2329

1,50 PLN – Hafen von Gdynia, Containerbereich mit einem anonymen Schiff beim Beladen. Auflage: 10.000.000. Michel: 2478, Fischer: 2330

1,50 PLN – erneut Gdynia, Personenkai mit dem berühmten „Stefan Batory“ und einem Denkmal „Ludziom morza“ (Den Menschen der See). Die TSS Stefan Batory war ein großes Passagierschiff auf der Transatlantikroute. Sie wurde als Maasdam am 5. April 1952 vom Stapel gelassen und 1968 für 3 Millionen USD von Polskie Linie Oceaniczne abgekauft. Seine erste Reise trat das Schiff am 11.04.1969 an und befuhr seitdem regelmässig die Route nach Amerika. Auf dem Schiff herrschte ein für polnische Verhältnisse der kommunistischen Zeit unvorstellbarer Luxus. Der Umbau war so gelungen, dass der holländische Reeder ihn gern zurück kaufen wollte. Am Ende seiner Zeit überquerte die Batory 140 Mal den Atlantik, nebst diversen anderen Reisen und war zuletzt der einzige Liner auf dieser Strecke. Nach 1990 diente das Schiff noch als schwimmendes Asylantenheim in Schweden und wurde Allaga in der Türkei ab dem 22. März 2000 verschrottet. Auflage: 10.000.000. Michel: 2477, Fischer: 2331

2 PLN – Port Szczecin (Stettin) mit einem Binnenschiff an der Seite der „Ziemia Szczecińska“ und einem Schiffskrank beim Umladen. Das Schiff war ein typischer Transporter, gebaut 1966 durch die Cantieri Riunti Werft in Triest. Es verblieb unter polnischer Flagge in den Jahren 1966 bis 1986. Der spätere Verbleib ist mir leider unbekannt. Auflage: 8.000.000. Michel: 2479, Fischer: 2332

4,20 PLN – Port Świnoujście (Swinemünde), Kohlehafen und ein anonymes Schiff beim Beladen mit diesem Rohrstoff. Kohle war eines der Hauptexportprodukte Polens, kein Wunder daher, dass es auch auf einer „wertvolleren“ Marke abgebildet werden musste. Auflage: 3.000.000. Michel: 2480, Fischer: 2333

6,90 PLN – Port Kołobrzeg (Kolberg) mit einem Sammelsurium aus einem Passagierschiff, Wasserflugzeug und einer Laterne. Im Gegensatz zu den anderen Hafen ist Kołobrzeg eher klein und vor allem auf die Fischerei und Fährbetrieb nach Bornholm konzentriert. Angeschlossen ist ein kleiner Militärhafen. Auflage: 1.500.000. Michel: 2481, Fischer: 2334

8,40 PLN – sprengt etwas den Rahmen, da es nicht mehr einen einzelnen Hafen, sondern eine Karte der Uferlinie Polens abbildet mit den dort lokalisierten Handelshäfen. Darüber findet sich noch ein Abzeichen des „Zjednoczenia Portów Morskich“, einer zentralen Organisation, die sich um die Verwaltung aller Hafen Polens kümmerte. Auflage: 1.000.000. Michel: 2482, Fischer: 2335
Die Marken selbst, entworfen von Stefan Malecki sind im Tiefdruck auf Kreidepapier in Format 54×27 mm gedruckt, jeweils 50 Stück pro Blatt.
Begleitet wurde die Ausgabe durch sechs Ersttagsblätter, jeweils mit einer Marke und einer kleinen Karte des betreffenden Hafens. Abgestempelt wurden sie durch Gdańsk 1, Kołobrzeg 1, Szczecin 1 und Gdynia 1.
Ein paar Beispiele der Frankierung unter Benutzung dieser Serie:


Kleine Besonderheit:
Bei der Katalogzuordnung gibt es eine Unstimmigkeit zwischen Michel und dem Fischerkatalog aus Polen selbst: Die Marken zu 1 PLN sowie die zu 1,50 PLN sind bei Michel in der Reihenfolge vertauscht, während der Fischerkatalog sie korrekt führt.